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25 Jahre frauen e.V.
Eine Frauenberatungsstelle im Kreis Coesfeld

Eine Frauenberatungsstelle im Kreis Coesfeld? Braucht frau sowas auf dem platten Land, wo die Welt doch noch in Ordnung ist? Dass sie das nicht ist und es, was Gewalt und Respektlosigkeit gegen Frauen angeht, kaum Unterschiede zu den Ballungsräumen gibt, wurde ganz schnell deutlich, als einige engagierte Frauen 1998 in Senden Frauen e.V. gründeten. Schon ein Jahr später zog der Verein nach Coesfeld um, wo eine Beratungsstelle für Frauen und Mädchen eröffnet wurde.

Die Nachfrage war von Anfang an groß – und ist es bis heute, wie Leiterin Miriam Harosh-Pätsch bestätigt. Neben dem Stolz darauf, in 25 Jahren vielen Mädchen und Frauen in schwierigen Lebenssituationen geholfen zu haben, schwingt bei ihr im Gespräch mit unserer Zeitung aber auch eine gehörige Portion Frust mit: „Es ist immer noch so, dass Frauen und Mädchen Gewalt erleben, dass sie nicht ausreichend geschützt werden.“ Neueste EU-Statistiken belegten, dass die Zahlen „nicht besser geworden sind“. Dafür macht Harosh-Pätsch auch nicht Täter verantwortlich: „Die Gesellschaft insgesamt hat das noch nicht klar“, hebt sie hervor. Viele hätten es noch nicht begriffen, „welche Bedeutung das Thema eigentlich für uns alle hat“.

25 Jahre Frauen e.V.

Es geht ihr dabei nicht nur um Gewalt gegen Frauen und Mädchen, sondern um ihre Stellung und Beachtung insgesamt. „Wir sind noch lange nicht da, wo wir sein müssten“, bringt es Mitarbeiterin Jessica Mäkilä auf den Punkt.„Die Frauen-Gesundheit ist ein Beispiel“, erklärt Geschäftsführerin Corinna Brandenburger. Erst langsam verändere sich auch in der Medizin der Blick, der zuvor weitgehend ein männlicher war, darauf, dass die gleichen Krankheiten bei Frauen teils anders behandelt werden müssen. Auch in der Justiz vollzieht sich der Wandel aus Sicht der Vereins-Vertreter nur langsam. Die „MeToo“-Bewegung habe einiges bewirkt, mit „Nein heißt nein“ habe es auch eine gesetzliche

Veränderung bei der Einordnung sexueller Übergriffe gegeben – aber im Alltag sei das noch nicht angekommen, erklärt Harosh-Pätsch. „Es fehlt an Fortbildungen, zum Beispiel für Richter und Staatsanwälte.“ Vieles konnte Frauen e. V. in 25 Jahren anstoßen: So hat sich an den Christophorus-Kliniken die anonyme Spurensicherung, die Frauen nach Vergewaltigung in Anspruch nehmen können, etabliert. Gehörig investiert hat die Beratungsstelle auch in Präventionsarbeit, um Frauen und Mädchen zu helfen, selbstbewusst ihre Rechte zu vertreten, ihre Grenzen aufzuzeigen und sich gegen Übergriffe zuwehren: „Love respect“ heißt der neue Präventionskurs, mit dem Mitarbeiterin Jennifer Zender derzeit kreisweit Mädchen und junge Frauen in Schulen und Jugendtreffs aufsucht. „Was bedeutet eigentlich Selbstbestimmung?“ sei eine Frage, die dabei besprochen werde, so Zender. Es gehe darum, dass sich die Mädchen ihrer Grenzen bewusst werden und diese zeigen können. In Billerbeck kooperiere sie dabei mit der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe, die ein ähnliches Programm für Jungen anbietet. Drei Vollzeitstellen hat Frauen e.V. derzeit. Das klingt erstmal gut. „Aber im Verhältnis zur Einwohnerzahl müsste die Ausstattung noch anders aussehen“, so Brandenburger. „Das komplette System der Hilfen für Frauen müsste man eigentlich ganz anders ausstatten, wenn man die von Deutschland ratifizierte Istanbul-Konvention umsetzen wollte“, ergänzt Harosh-Pätsch. Und leider sei sogar die Finanzierung der Beratungsstelle, wie sie jetzt aufgestellt sei, noch nicht einmal auskömmlich.

Text: Detlef Scherle
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