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Sexualisierte Gewalt

Jede Frau* kann Opfer sexualisierter Gewalt werden – unabhängig von Alter, Herkunft oder sozialem Status. Die Erscheinungsformen der Gewalt sind vielfältig und reichen von sexueller Belästigung, wie frauenfeindlichen Sprüchen oder alltäglicher Anmache bis hin zu tätlichen Übergriffen wie Vergewaltigung oder sexueller Nötigung.

Ein Gewaltdelikt liegt bereits immer dann vor, wenn die Mädchen* und Frauen* sich in ihrer persönlichen Freiheit bedroht fühlen.

Sexualisierte Gewalt ist jede Handlung gegen das Recht von Mädchen* und Frauen* auf ihre Selbstbestimmung und seelische und körperliche Unversehrtheit. Das Motiv für sexualisierte Gewalt ist nicht Sexualität, sondern immer ein Ausdruck von Macht und Kontrolle. Sexualität wird funktionalisiert, um Frauen* und Kinder zu demütigen, sie zu erniedrigen und zu unterdrücken – mit dem Ziel, sich selbst als mächtig zu erleben.

Laut einer deutschlandweiten Repräsentativstudie erlebt jede 7. Frau* in Deutschland im Lauf ihres Lebens strafrechtlich relevante sexualisierte Gewalt. 60% aller Frauen* in Deutschland haben sexuelle Belästigung erlebt. Jährlich werden der Polizei 11.000 Fälle sexuellen Missbrauchs von Kindern bekannt. Die Dunkelziffer im Bereich sexualisierter Gewalt ist jedoch hoch. Expert*innen gehen von einer 6 – 20-mal höheren Dunkelziffer aus. (Frauen gegen Gewalt).

Sexualisierte Gewalt geht meist von Tätern aus dem sozialen Umfeld aus: in der häuslichen Umgebung oder im Verwandten- bzw. Bekanntenkreis, im schulischen oder beruflichen Kontext.

Sexueller Missbrauch

Sexueller Missbrauch an Kindern ist jede sexuelle Handlung, die an oder vor einem Kind entweder gegen den Willen des Kindes vorgenommen wird oder der das Kind aufgrund körperlicher, psychischer, kognitiver oder sprachlicher Unterlegenheit nicht wissentlich zustimmen kann. Der Täter nutzt seine Macht und Autoritätsposition aus, um seine eigenen Bedürfnisse auf Kosten des Kindes zu befriedigen. (Bange & Deegener, 1996)

Bei unter 14-Jährigen gilt, dass sie grundsätzlich nicht zustimmungsfähig sind.

In 9 von 10 Fällen kommen die Täter*innen aus dem sozialen Umfeld der Betroffenen, in vielen Fällen aus der Familie.

Sexueller Missbrauch ist Missbrauch von Macht und wird in der Mehrzahl von Männern und männlichen Jugendlichen ausgeübt. Hierin liegt auch die Ursache, dass ca.75 – 80% der sexuellen Ausbeutung von männlichen Tätern verübt wird. (Quelle: www.zartbitter.de)

Die Folgen sexualisierter Gewalt

Sexualisierte Gewalt ist immer eine traumatische Erfahrung und eine massive Grenzverletzung, die das persönliche Wertesystem und Glaubenssätze über Menschen, zwischenmenschliche Beziehungen und über sich selbst tief erschüttern und in Frage stellen.

Mädchen* und Frauen*, die davon betroffen sind, empfinden deshalb oft tiefe Scham und Schuldgefühle. Umso verständlicher ist es, dass es schwer fällt, darüber zu sprechen und sich Hilfe zu holen. Zudem erfahren viele betroffene Mädchen* und Frauen* durch die Gesellschaft eine Sprachlosigkeit und Abwehrreaktionen in Form von Beschuldigung, Verharmlosung und Verurteilungen zu Lasten der Betroffenen (victim blaming).

Reformen und Entwicklungen im Sexualstrafrecht

Ein gutes Beispiel dafür ist unser Rechtssystem und die Entwicklung von Gesetzen – einerseits zum Schutz der Opfer, andererseits zur Bestrafung der Täter. Erst seit 1997 ist die Vergewaltigung in der Ehe strafbar.

Ein weiterer Durchbruch gelang durch die Reformierung des Sexualstrafrechts im Juli 2016. Seitdem gilt das Paradigma „Nein heißt Nein„.

Mit dem neuen Gesetz ist ein sexueller Übergriff schon dann strafbar, wenn er gegen den erkennbaren Willen einer Person ausgeführt wird. Es kommt nicht mehr darauf an, ob sich eine betroffene Person gegen den Übergriff körperlich gewehrt hat oder warum ihr dies nicht gelungen ist. Damit wird endlich auch in Deutschland die Anforderung der Istanbul-Konvention umgesetzt, wonach alle nicht-einvernehmlichen sexuellen Handlungen unter Strafe zu stellen sind.

Damit konnte erreicht werden, dass die sexuelle Selbstbestimmung als Rechtsgut einen höheren Stellenwert erfährt.

Unser Beratungsangebot

Mädchen* und Frauen* fällt es oft schwer, über die Vorfälle zu sprechen und Hilfe zu suchen. Neben der Scham und Schuldgefühlen steht ihnen oftmals die Angst im Weg, den Täter durch eine Aussage zu belasten und dadurch weitere Gewalt zu provozieren.

Wir bieten den betroffenen Frauen* Hilfe und Schutz. Im Rahmen der Beratung können sie – auch anonym – über ihre Erlebnisse sprechen. Neben der Krisenintervention nach (versuchter) Vergewaltigung, sexualisierter Gewalt in Beziehungen, Belästigung oder Nötigung sind wir auch Ansprechpartnerinnen für Frauen*, die in der Kindheit sexuell missbraucht wurden.

Wir begleiten die Mädvhen* und Frauen* ab 14 Jahren zu Ärztinnen und Rechtsanwältinnen, zur Polizei, dem Gericht und anderen Behörden. Mädchen* und Frauen*, die nicht in ihr häusliches Umfeld zurück können oder möchten, vermitteln wir in Schutzeinrichtungen.